Künstler:innen 2023

Kunst, Musik, Literatur

Kunst

Kuratorin: Ece Pazarbaşı

Annika Hippler „The sound of plants“ (Fergitz) „green glow“ (Pinnow)

Kinetische Installation, Licht Installation

Annika Hippler beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der Verbindung von Kunst und Wissenschaft. Für die Ausstellung „Spooky Distance“ auf dem UM Festival wird sie eine kinetische Installation im Bootshaus in Fergitz präsentieren, in der akustische Signale von Pflanzen in Bewegungen transformiert werden.

Annika Hippler (geb. 1978) lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Freie Kunst an der Universität der Künste Berlin und an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig, unter anderem bei John M. Armleder. Ihre Werke präsentierte sie z. B. in der Rudolf-Scharpf-Galerie des Wilhelm-Hack-Museums, im Musée de la Ville in Tunis, im Emami Art Center in Kolkata, auf der Contemporary in Istanbul und im Zendai Museum of Modern Art in Shanghai. Für ihre künstlerische Arbeit wurde Annika Hippler mehrfach ausgezeichnet.

Brad Nath Dogoids; Ranger, 2023

Dogoids: Kunstfell, Stahl, Schaumstoff, verschiedene GrößenTails, 2023, Pelz, Stahl, verschiedene Größen; Ranger: fünf archivierte Digitaldrucke in besonderen Glasrahmen, je 30×30 cm

„Dogoiden“ sind hundeähnliche Kreaturen, die Brad Nath an unterschiedlichen Orten in der Uckermark ausgesetzt hat. Die Skulpturen widersetzen sich klassischen Vorstellungen von Körpern. Sie muten als fortschrittliche Roboter an und erscheinen zugleich wie Säugetiere aus einer prähistorischen Zeit. Dieses Paradoxon aktiviert die artenübergreifenden Beziehungen zwischen Menschen und Tieren.

Brad Nath arbeitet daran, neue Formen der Empathie zwischen Menschen und ihrer Umgebung zu entwickeln. Durch seine Materialforschung, Live-Performance, Musik-komposition und klangsensibel gebaute Umgebungen verstärkt Brad kollaborative Performances, die zwischen Gebäuden und ihren Bewohnern stattfinden. Mit seiner Arbeit versucht er unsere Fähigkeit zum aufmerksamen Zuhören, zum sensiblen Entwerfen, zum einfühlsamen Konstruieren und zum performativen Bewohnen zu erweitern, denn nicht nur wir bauen diese Welt, sondern diese Welt baut auch uns. Brad hat Architektur und Musik an der Cornell University in New York studiert und lebt seit 2018 in Berlin.

Mö Tree Study, 2023

alte Schulbank und Stuhl, gedrucktes Heft, 95 x 76 x 84,5 cm

In ihrem Gedicht „Flower“ schreibt die koreanischen Lyrikerin Kim Chun-Soo, dass eine Blume „die“ Blume wird, sobald man sie studiert und ihr einen Namen gibt. Ausgehend von dieser Idee stellt das Mö Kollektiv im Dialog mit den „atmenden Skulpturen“ von Andreas Greiner eine Schulbank zu einem der Bäume, die zum Sitzen, Schauen, Beobachten und Studieren des Baumes einlädt. Ein von den Künstler:innen gestaltetes Heft hilft dabei, den Baum schreibend, zeichnend und denkend kennenzulernen. So wird ein Baum zu „dem“ Baum.

Mö bedeutet „Berg“ im altertümlichen Koreanisch und ist die kollektive Vision der beiden Künstlerinnen Y-ul Suh (KR) und Kristina Malmefjäll (SE), die den Schnittpunkt von Kreativität und Funktionalität erkunden. Collective Mö bezieht Praktikabilität und Zweckmäßigkeit in ihre künstlerische Praxis ein. Ihre Kreationen sollen unser Leben bereichern, indem sie Objekte und Räume in eine interaktive Umgebung für Mensch und Natur verwandeln. Collective Mö ist ansässig in Berlin.

Andreas Greiner Niels Äpfel, 2023

zwei Geschwister-Apfelbäume, atmende Skulpturen, 250 cm bei Pflanzung

Andreas Greiner führt seit 2019 verschiedene Baumpflanzungsprojekte durch, die er als „atmende Skulpturen“ bezeichnet. Auf diese Weise reflektiert der Künstler immer wieder das Verhältnis zwischen Kunstschaffen und dem Klimawandel. Speziell für das UM Festival unter dem Thema CONNECT setzt Andreas Greiner zwei Bäume an unterschiedlichen Stellen aus, die von einem Mutterbaum stammen. Die Arbeitr ist nach dem dänschen Physiker Niels Bohr benannt, der bahnbrechende Erkenntnisse zur Quantenphysik lieferte und für seine Forschung 1922 den Nobelpreis erhielt.

Andreas Greiner ist 1979 in Aachen geboren, er lebt und arbeitet in Berlin. Er entwirft zeitbasierte Skulpturen, die dynamische und unkontrollierbare Variablen beinhalten. Sein kreatives Ziel ist es, die Grenzen der klassischen Parameter in der Bildhauerei zu verschieben. Der Inhalt seiner Arbeit konzentriert sich auf den anthropogenen Einfluss auf die Evolution und Form der Natur. Er ist Teil der Künstlerkollektive A/A und Das Numen. 2019 hat Greiner das Projekt waldfuermorgen e.V. mitinitiiert – einen Mitmachwald, bei dem Kinder und Familien auf einer Fläche von rund drei Hektar am oberen Stadtrand von Goslar Bäume pflanzen. Seit 2022 ist Andreas Greiner Professor für Medienkunst an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel.

Kyoco Taniyama Hearing each other <A>, <B>, <C>, 2023

Mischtechnik, Größe variabel

Zweig-Objekte nennt Kyoco Taniyama das Ausgangsmaterial ihrer multimedialen Installation, die sie im Glashaus von Pinnow und in Fergitz präsentiert. Dabei befasst sie sich mit der Idee vom Sein und Nicht-Sein, mit der gesellschaftlichen Sphäre und der Biosphäre und zeigt die Abhängigkeit auf, in der der Mensch unumstößlich zur Natur steht.

Kyoco Taniyama entwirft ortsspezifische Installationen aus Skulptur, Fotografie, Video und Sound. Sie ist in Japan geboren, lebt und arbeitet in Berlin und Tokio. Zu ihren Ausstellungen der letzten Jahre gehören: Neuköllner Kunstpreis 2022 (Gruppenausstellung, Galerie im Saalbau, Berlin, Deutschland 2022), „Sound from the Golden Age“ (solo online, Harris Gallery | University of La Verne, CA, USA 2021), „Stone will flow, leaves will sink“ (solo, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, Deutschland 2019), „Rainy Alley“ / „I’m here“ (Setouchi International Art Festival, Kagawa, Japan 2010/2013), und andere. Außerdem hat sie in Japan verschiedene Kunstwerke für den öffentlichen Raum entwickelt.

Kunst + Musik

Kuratorin: Ece Pazarbaşı

Zeynep Ayşe Hatipoğlu & Robert Lippok gölge gibi/like a shadow

Im Rahmen der Ausstellung Spooky Distance auf dem UM Festival findet eine besondere Zusammenarbeit zwischen Robert Lippok (Elektronik) und Zeynep Ayşe Hatipoğlu (Cello und Elektronik) statt, bei der ein Zusammenspiel von Klängen entsteht, das die improvisierten Verbindungen in verschränkten Teilchen widerspiegelt. Die Instrumente fungieren als Kommunikationsmittel und verschmelzen die lebendig erzeugten Klänge zu einem komplizierten Duett.

Zeynep Ayşe Hatipoğlu ist Cellistin, Komponistin und Improvisatorin. Ihre Praxis konzentriert sich auf elektroakustische Kompositionen, Cello-Performances und Klanginstallationen durch kollaborative, interdisziplinäre und improvisatorische Methoden. Sie kombiniert häufig traditionelle türkische Musik mit experimentellen und zeitgenössischen Klangperspektiven. Für das UM Festival 2023 wird Zeynep Ayşe Hatipoğlu erstmals mit dem Komponisten und Musiker Robert Lippok kollaborieren.

Robert Lippok ist deutscher Avantgarde-Künstler und Komponist und langjähriger Akteur in der experimentellen Musikszene Berlins. 1983 gründete er zusammen mit seinem Bruder Ronald Lippok die Dissidenten-Punkband Ornament und Verbrechen, inspiriert von den Industrial-Vorreitern Throbbing Gristle. Als offene Plattform zur Erforschung von Jazz-, Elektronik- und Industrial-Konzepten mit gleichgesinnten Mitstreitern aus dem ostdeutschen Untergrund blieb die Gruppe bis Mitte der 1990er Jahre aktiv und wurde dann von der nächsten und bekanntesten Zusammenarbeit der Brüder, der palindromischen To Rococo Rot, abgelöst. Die von den Lippok-Brüdern und dem Düsseldorfer Bassgitarristen Stefan Schneider gegründete Post-Rock/Elektronik-Band verschrieb sich akustischen Untersuchungen und Improvisationen aller Art. Bekannt für seine weitreichende Vorstellungskraft, erfinderischen rhythmischen Reflexe und Schichten von Fuzzy-Sounds, ist Lippoks Soloarbeit ebenso breit gefächert – von der funkigen, glitchigen, verdrehten Techno-Platte Redsuperstructure für Raster-Noton (2011) bis hin zum Bühnenbild für Opern, Galerieausstellungen und Kollaborationen mit Kunstschaffenden aller Sparten.

In ihrer ersten Kollaboration komponieren Zeynep Ayşe Hatipoğlu und Robert Lippok gemeinsam eine spezielle Partitur, die von Bewegungen verschiedener „Teilchen“ und ihrer Verschränkung zueinander abgeleitet ist.

Viola Yip Bulbble, 2019

elektromechanische Mehrkanal-Do-it-yourself-Instrumente mit Glühbirnen und Relais

Viola Yip ist experimentelle Komponistin, Performerin, Improvisatorin, Klangkünstlerin und Instrumentenbauerin aus Hongkong. Sie erforscht Beziehungen zwischen Medien, Materialität, Raum und unseren musikalischen Körpern in der experimentellen Musik. Bulbble ist ein elektronisches DIY-Instrument, mit dem Musik aus dem Puls-Timbre-Kontinuum akustischer Klänge, die von Relais erzeugt werden. Relais sind elektrisch betriebene Schalter, die andere Stromkreise aktivieren können. Mit Hilfe von Knöpfen, Reglern, Relais und Glühbirnen erforscht Viola auch die klanglichen und performativen Beziehungen, die sich aus diesen Beziehungen ergeben.

Mit ihren elektronischen DIY-Instrumenten trat Viola Yip unter anderem auf der Cycling 74′ Expo, beim Women Between Arts an der New School, DiMenna Center, dem Look and Listen Festival in New York City, dem Experimental Sound Studio in Chicago, dem Klex Festival in Kuala Lumpur, QO-2 in Brüssel, dem Active Listening Festival in Berlin und im Sonic Arts Research Center an der Queen’s University Belfast auf. aktuell arbeitet sie an Aufträgen für das Dara String Festival (Berlin), das Seanaps Festival (Leizig) und das Vertixe Sonora Ensemble (Spanien). Sie lebt in Berlin.

Musik

Kuratorin: Gudrun Gut

Baal & Mortimer Live

Baal & Mortimer ist das Solprojekt der Musikerin Alexandra Grübler, das sie 2014 in Düsseldorf gründete. Muusikalisch setzt sie sich mit Fragen des Widerstands, der Autonomie und Identität auseinander. Sie bewegt sich in Räumen zwischen Klang und Bild, Sprache und Körper. Nach der Veröffentlichung des Auftragsstückes Earthrise auf dem Düsseldorfer all-female Label HEAVEN 2018 erschien das in London fertiggestellte Debütalbum Deixis im Sommer 2020 bei Bureau B.
Grübler studierte Kunst und Philosophie und lebt heute in Berlin. Sie hat mit Black Merlin, Musiccargo und Rupert Clervaux zusammengearbeitet und war 2018 Mentee von Laurel Halo im Berliner Amplify-Programm.

»Baal & Mortimer ist Meisterin der Verführung, bezaubert, kommt ganz nah, umtanzt uns und tanzt mit uns, umarmt uns und bietet den schönsten Trost.« (Musicboard)

Ensemble Quillo LandQultour

Im fünften Sommer in Folge zieht das Ensemble Quillo auf seiner mobilen Bühne von Ort zu Ort durch den Nordosten Brandenburgs. An zehn Terminen klappt auf zehn unterschiedlichen Plätzen der LandQultour-Wagen der Quillos auf und bietet in einem jeweils rund 40minütigen Programm eine ungewöhnliche Begegnung mit zeitgenössischer Musik: bunt, spritzig, kurzweilig. Gitarrist Daniel Göritz hat dafür ein Stück aus der PopRockMusik als dramaturgisches Element arrangiert, das zeitgenössische Werke u.a. von Vasks, Cage und Oehring miteinander verbindet. Das Ensemble Quillo spielt in der Besetzung Ursula Weiler (Flöte), Luise Rau (Cello), Daniel Göritz (Gitarre) und Max Renne (Tasten).

Das Ensemble Quillo versteht sich seit Gründung im Jahr 2004 als Kulturvermittler insbesondere im ländlichen Raum und entwickelt fortlaufend neue Formate, um mit den Mitteln der zeitgenössischen Kunst Gesellschaft zu gestalten, Begegnungen und Kommunikation zu ermöglichen.

Elke Horner Glockenspiel

Elke Horner ist Schlagzeugerin und wohnt in Berlin und Himmelpfort. Sie beherrscht die Kunst der Polyrhythmik und erschafft mit Instrumenten wie Glockenspiel und Perkussion komplexe Kompositionen jenseits der Grenzen musikalischer Zeitlichkeit. Aus kurzen, tonalen Melodien, Akkordarpeggien und lang klingenden Akkorden entstehen minimalistische Motive, die aus einer Verknüpfung der Zahlen 2, 3 und 4 bestehen.
Mit ihrer Musik kreiert sie Illusionen über Geschwindigkeiten und spielt mit unterschiedlichen Wahrnehmungsmustern von Zeit und Rhythmus. 

Post Neo Live

Post Neo ist ein experimentelles elektronisches Pop-Duo aus Berlin und Mexico City. Nicole Luján und Pauline Weh changieren zwischen technoiden Beats und einer Melancholie, die sich in langsameren und verträumten Gesangs- & Synthie-Passagen wiederfindet. Post Neo nahm 2022 am Residenzprogamm vom Musicboard Berlin auf Sternhagen Gut teil.

»Dunkelgrün und wie gemacht, um darunter zu verschwinden: flauschige Weltflucht.«, beschreibt Tobias Stosiek von BR ihre EP do you? – Post Neo sind Newcomer, die man sich merken wird.

Modularturm Klangkarussell – Installation

Wie wird aus elektrischen Spannungen Musik?
Am Modularkarussell lässt sich erleben, wie mittels elektronischer Schaltungen und durch deren Verknüpfungen untereinander, Musik entstehen kann. Bei analogen Schaltungen sind immer alle Funktionen direkt zu erreichen. So entsteht bei der Klangformung mittels der Regler und Kabel ein äußerst taktiles, sinnliches Erlebnis – Klänge lassen sich unmittelbar mit den Händen gestalten.

Mit der Vision des Karussells will Andreas Schneider ein gemeinschaftliches Erlebnis ermöglichen, bei dem Menschen jeden Alters und jeden Kenntnisstands eingeladen sind, mit Klängen zu experimentieren.

Die elektrisch erzeugten Klänge des Karussells zu erleben, ist jetzt schon seit mehr als 15 Jahren eine Attraktion bei verschiedensten Veranstaltungen. Das Karussell wird betreut von Tom K., der langjährige Erfahrung beim Erklären dieser Instrumentengattung mitbringt.

Thomas Fehlmann DJ – Mehrgenerationenmusik

Thomas Fehlmann gründete mit Holger Hiller die Band Palais Schaumburg. Von 1990 bis 2017 war er Mitglied von The Orb. Seitdem legte er auch regelmäßig im Berliner Club Tresor auf und produzierte mit diversen Detroiter Techno-Größen wie Juan Atkins seine Musik. 1995 entwickelten Fehlmann und Gudrun Gut das DJ-Projekt Ocean Club, aus dem eine Radiosendung hervorging. Er produzierte u.a. ein Erasure Album und remixte querfeldein von Einstürzende Neubauten über Apparat bis Sigur Ros. Seine eigenen Alben und Singles veröffentlicht er auf dem Kölner Label Kompakt. Fehlmann ist ein lokaler UM Festival Aktivist, der den Samstag Abend in Pinnow mit Mehrgenerationenmusik abschliessen wird.

Musik + Literatur

Kuratorin: Gudrun Gut + Ute Koenig

AnniKa von Trier: Gerade jetzt! Brandenburger Brief

AnniKa von Trier bezeichnet sich selbst als Wortschopf. Mit ihren sprachspielerischen, humorvollen und gesellschaftspolitischen Texten und Liedern zum Akkordeon bewegt sie sich zwischen dem Urbanen Berliner Alltag einer Digitalen Bohème und der radikalen Hingabe an die Schönheit der Natur. Mit der Uckermark verbindet sie ihr Brandenburger Brief, in den sie – im Namen von Bettine von Arnim – 459 Brandenburger Ortsnamen kunstvoll eingeflochten hat… Singen ist für sie die lebendigste Art der Kommunikation, der Dialog mit dem Akkordeon ihr Ausdrucksmittel. 

AnniKa von Trier ist Performancekünstlerin, Sängerin, Akkordeonspielerin, Lied-, Hörspiel- und Buchautorin. Anfang der 90er Jahre fand die Performancekünstlerin als Palma Kunkel – Die singende Tellermiene auf einer Ostberliner Straße ein Akkordeon. Der Beginn einer großen Freundschaft. Seit 1994 ist sie professionell mit Eigenproduktionen international unterwegs zwischen dem Adelaide-Cabaret-Festival in Australien, dem Goethe-Institut in New York und den schönsten Gärten und Gutshäusern der Uckermark. 2015 veröffentlichte der Alexander Verlag Berlin ihr Tagebuch einer Hospitantin – Volksbühne Berlin 1992/93, das neben ihrer Theaterlehrzeit als Dramaturgie- und Regieassistentin an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz auch ihre Anfänge als Musikerin beschreibt. Seit 2016 ist sie als AnniKa von Trier mit ihren Urbanen Liedern Gerade jetzt! zu erleben.

Thies Mynther und Veit Sprenger: Die deutsche Meisterin im Apnoetauchen / Mickeymousing

Ein Henker hat mehr Angst vor der bevorstehenden Hinrichtung als der Verurteilte und verbringt eine schlaflose Nacht. Eine Ärztin behandelt gebrochene Herzen mit den Methoden der Chirurgie. Ein Mann wohnt im Wald, denkt aber es sei eine Zweizimmerwohnung in Berlin-Neukölln. Eine Pflegerin führt einen Besucher durch ein Hospiz für sterbende Götter. Ein Sternekoch kocht sich selbst. Eine Sporttaucherin begegnet unter Wasser ihren inneren Gespenstern. Gutenberg legt sich beim Versuch, eine Autobiografie zu verfassen, selbst unter die Druckerpresse. Handwerker errichten eine Sonnenuhr auf der Sonne und geraten über deren Sinnhaftigkeit in Streit. Zwei Außerirdische tauschen beim Verschlingen der Menschheit Benimmregeln aus… Veit Sprengers Erzählungen entstehen beim Spazierengehen, in der U-Bahn, im Wartezimmer, am Flughafen oder im Zug, im Restaurant, auf dem Rücksitz eines Autos, im Kino, beim Konzert, in der Schlange am Tresen oder vor der Supermarktkasse. Sie atmen Alltäglichkeit und beziehen ihre Wirkung aus ihren unerwarteten Wendungen ins Phantastische.

Der Komponist Thies Mynther und der Theatermacher Veit Sprenger arbeiten seit 2010 in international erfolgreichen Musiktheaterproduktionen zusammen. Mit ihrer Musikmaschine „The Cybernetic Nightingale“ waren sie bereits beim UM Festival 2021 zu Gast. In diesem Jahr liest Veit Sprenger erstmals eine Auswahl seiner unveröffentlichten Texte und wird dabei von Thies Mynther musikalisch begleitet.

Literatur

Kuratorin: Ute Koenig

Antonia Baum Siegfried

»In fünfundvierzig Minuten würde ich den Tisch decken, Frühstück machen, die Tasche packen, die Waschmaschine füllen, meine Liste für den Tag schreiben und dann Johnny wecken, ihr beim Anziehen helfen, ihr die Zöpfe flechten, später unbedingt Persil kaufen. Johnny hieß eigentlich Johanna, aber wir sagten Johnny. Alex hatte auf der Couch geschlafen. Das machte er in letzter Zeit häufiger, wenn er getrunken oder zu viel gekifft hatte, aber in dieser Nacht war ich der Grund gewesen. Mein Atem, der sich gerade etwas beruhigt hatte, ging wieder schneller, alles war wieder da.«

Siegfried ist der Stiefvater der Protagonistin aus Antonia Baums gleichnamigen Roman: Eine Frau, die sich morgens in eine Psychiatrie einweisen lässt. Das Leben, die Beziehung, die Kinder, die Arbeit – alles erscheint auf einmal zu viel. Und sie fragt sich, welche Rolle Siegfried in ihrer Welt spielt.

Antonia Baum, geboren 1984, ist Schriftstellerin und Autorin für DIE ZEIT. Ihre Bücher – der Roman Tony Soprano stirbt nicht, das Memoir Stillleben und eine persönliche Bestandsaufnamen des Werkes von Eminem – haben große Medienresonanz erhalten. Die Autorin liest aus ihrem im März bei Claassen erschienenen Roman Siegfried.

Slata Roschal 153 Formen des Nichtseins

»Sie können sich noch so gut tarnen, die Russischsprachigen der ersten Generation, ihre weiche Aussprache, ihre runden Vokale, ihre Kleidung verraten sie. Ich könnte als Detektiv arbeiten uns sie ganz nebenbei aufspüren Mitreisende, Passanten, Vortragsredner, Mütter in Kindergärten, in Musikschulen, auf Spielplätzen, sprecht ein noch so gutes Deutsch, ich weiß, wer ihr seid, wisst ihr, wer ich bin.

In der Straßenbahn sprechen Eltern Deutsch mit ihren Kindern, um nicht als Ausländer zu gelten, um zu zeigen, wie gut sie sich assimiliert haben, sich ausgelöst in der deutschsprachigen Umgebung, und ich sitze da und lache vor mich hin – ich höre sofort den russischen Akzent heraus, sehe, dass die Mutter eine Kette aus Rotgold trägt sie können mir nichts vormachen.«

Mit ihrem Debütroman 153 Formen des Nichtseins nähert sich Slata Roschal mit ihrer Protagonistin Ksenia als Autorin und Wissenschaftlerin, Jüdin, Deutsche und Russin den Fragen von Identität, Migration, Weiblichkeit und dem Sein.

Slata Roschal, geboren 1992 in Sankt Petersburg, ist eine deutsche Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin. Ihr Debütroman 153 Formen des Nichtseins erschien im Februar 2022 im Homunculus Verlag. Er stand auf der SWR Bestenliste und wurde für den Deutschen Buchpreis nominiert. Der Roman erhielt in den Jahren 2022 und 2023 zahlreiche weitere Auszeichnungen.

Patrica Klobusiczky

Patricia Klobusiczky, Jahrgang 1968, lebt freischaffend in Berlin und arbeitet unter anderem als Moderatorin literarischer Veranstaltungen und Übersetzerin.

Gesa Ufer

Studierte Germanistik, Kulturwissenschaften und Deutsch als Fremdsprache, anschließend besuchte sie die Berliner Journalisten-Schule. Heute arbeitet sie als freie Autorin und Hörfunkjournalistin und moderiert Veranstaltungen zu Kultur und Politik. Sie
moderiert regelmäßig Die Literaturagenten bei radioeins und Kompressor im Deutschlandfunk Kultur.

Holger Siemann

Studierte Philosophie in Berlin, war Offizier, Schauspielerund Sozialarbeiter und ist Autor zahlreicher Hörspiele, Libretti, Radiofeature und Romane. Seit 2010 lebt und arbeitet er in der Uckermark.

Hörstationen in Pinnow und Fergitz siehe Faltblatt